Indi­ens Küche

 

Die feine Küche in Indien ist so reich und viel­fäl­tig wie seine Zivi­li­sa­tion. Es ist eine Kunst­form, die über Gene­ra­tio­nen münd­lich über­lie­fert wird, vom Guru (Leh­rer) zu Vid­hyar­thi (Schü­lern) oder von Mut­ter zu Toch­ter. Und die Aus­wahl ist erstaun­lich. Sehr häu­fig ändern sich der Geschmack, die Farbe, die Tex­tur und das Aus­se­hen der­sel­ben Speise von Stadt zu Stadt.

 

Die Gast­freund­schaft der Inder ist legen­där. Die drei berühm­ten Wör­ter ‘Ati­thi Devo Bhava’ oder ‘der Gast ist wirk­lich Ihr Gott” in der sans­kri­ti­schen Lite­ra­tur sind ein Anspruch der Gast­freund­schaft in Indien. Inder glau­ben, dass sie geehrt wer­den, wenn sie ihr Essen mit Gäs­ten tei­len. Sogar die Ärms­ten freuen sich über jeden Gast und sind bereit, ihr spär­li­ches Essen zu tei­len. Und beson­ders wich­tig ist der Stolz der indi­schen Frau, dass sie nie zulässt, dass ein Gast hung­rig ihr Haus verlässt.

 

Essen bil­det übli­cher­weise den krö­nen­den Teil der meis­ten Feste und Fei­ern. Was auch immer die Gele­gen­heit ist, die Inder essen mit gro­ßem Genuss und sind geschickt darin, für Schlem­men und Spaß Gründe zu fin­den. Bei tra­di­tio­nel­len und fest­li­chen Mahl­zei­ten wird der Thali (Tel­ler) oder Bana­nen­blatt mit Ran­goli (ein mit wei­ßem und far­bi­gem Pul­ver um die Rän­der gemal­tes Design) geschmückt.

 

Der unver­gess­li­che Duft Indi­ens ist nicht nur der Geruch von Jas­min und Rosen. Es ist auch der Duft von Gewür­zen, der für die indi­sche Küche so wich­tig ist – vor allem für die Zube­rei­tung von Curry. Das Wort “Curry” ist eine eng­li­sche Ablei­tung von “kari”, was Würz­sauce bedeu­tet, aber Curry ist in Indien kein Pul­ver. Es ist die feine und köst­li­che Mischung von Gewür­zen wie Kur­kuma, Kar­da­mom, Ing­wer, Kori­an­der, Mus­kat­nuss und Mohn. Wie eine Palette von Ölfar­ben eines Künst­lers hat der indi­sche Koch unge­fähr fünf­und­zwan­zig Gewürze (frisch gemah­len nach Bedarf), mit denen man die aner­kann­ten Kom­bi­na­tio­nen oder “Masa­las” mischt. Viele die­ser Gewürze sind auch für ihre medi­zi­ni­schen Eigen­schaf­ten bekannt. Sie, wie die Grund­zu­ta­ten, ändern sich von Region zu Region.

 

Obwohl nicht alle Hin­dus Vege­ta­rier sind, wer­den Sie wahr­schein­lich mehr Gemü­se­ge­richte essen als in Europa, vor allem in Süd-Indien. Indi­sche Gemü­se­sor­ten sind nicht teuer, viel­fäl­tig, gesund und sehr gut zube­rei­tet. Im Gro­ßen und Gan­zen sind Fleisch­ge­richte häu­fi­ger im Nor­den zu fin­den, vor allem Rogan Josh (mit Cur­ry­soße zube­rei­te­tem Lamm), Gush­taba (wür­zige Fleisch­bäll­chen in Joghurt) und der köst­li­che Biri­yani (Huhn oder Lamm in orange gewürz­tem Reis mit gespren­kel­tem Zucker und Rosen­was­ser). Die Gerichte  der Mugul Küche sind reich, sah­nig, köst­lich gewürzt und mit Nüs­sen und Safran bestreut. Die immer beliebte Tan­doori-Zube­rei­tung (Hähn­chen, Fleisch oder Fisch in Kräu­tern mari­niert und in einem Lehm­ofen geba­cken) und Kebabs ent­stam­men auch nörd­li­cher Kochkunst.

 Ein regio­na­ler Unter­schied besteht darin, dass im Süden Reis das Grund­nah­rungs­mit­tel ist, wäh­rend wird dies im Nor­den ergänzt oder ersetzt wird durch eine  Reihe von fla­chen Bro­ten, wie Poo­ris, Chap­p­a­tis und Nan. Üblich ist über­all in Indien Dhal (Lin­sen­suppe mit ver­schie­de­nen zusätz­li­chen Gemü­se­pflan­zen) und Dhai, der Quark oder Joghurt, der mit dem Curry ein­her­geht. Es ist nicht nur lecker, son­dern auch eine gute Abküh­lung und wirk­sa­mer als andere Flüs­sig­kei­ten, wenn es zu heiß wird. Süßig­kei­ten sind haupt­säch­lich aus Milch gemachte Pud­dings, Gebä­cke und Pfannkuchen.Verfügbar über­all in Indien ist Kulfi,  das indi­sche  Eis, Ras­gul­las (sah­ni­ges Käse­bäll­chen mit aro­ma­ti­sier­tem Rosen­was­ser), Gulab Jamuns (Mehl, Joghurt und gemah­lene Man­deln), und Jalebi (Pfann­ku­chen in Sirup). Außer einer herr­li­chen Aus­wahl an Süßig­kei­ten und Zucker­wer­ken gibt es eine Fülle von Früch­ten wie Man­gos, Gra­nat­äp­fel, Melo­nen, Apri­ko­sen, Äpfel und Erd­bee­ren. West­li­che Süßig­kei­ten sind in vie­len Lan­des­tei­len ver­füg­bar. Es ist üblich, die Mahl­zeit mit dem Kauen von Pan zur bes­se­ren Ver­dau­ung zu been­den. Pan ist ein Betel­blatt mit ein­ge­pack­ten Gewür­zen wie Anis­sa­men und cardamon.
 

Ben­gali

Die tra­di­tio­nelle Gesell­schaft Ben­gals ist immer stark vege­ta­risch gewe­sen; die Jagd, mit Aus­nahme von eini­gen loka­len Stam­mes­an­ge­hö­ri­gen, war unge­wöhn­lich. Das Auf­zie­hen von Tie­ren war auch nicht sehr beliebt. Das spie­gelt sich in der Küche wider, die sich auf Grund­nah­rungs­mit­tel wie Reis und Dal beschränkt – mit wenig Platz hat für Fleisch.

 

Fisch ist vor­herr­schend in der Region, da Fische in Tei­chen gehal­ten und aus Süß­was­ser-Flüs­sen des Gan­ges­delta gefischt wer­den. Es gibt mehr als vier­zig Arten von Süß­was­ser­fi­schen, dar­un­ter Karp­fen wie Rui (Rohu), Katla, Magur (Kat­zen­fisch), Chin­gŗi (Gar­nele oder Schrimp), sowie Shuţki (getrock­ne­ter See­fisch). Der Salz­was­ser­fisch Ilish (hilsa ili­sha) ist bei den Ben­ga­len sehr beliebt und kann als eine Ikone der ben­ga­li­schen Küche bezeich­net wer­den. Fast jeder Teil des Fisches (außer Flos­sen und Inne­reien) wird geges­sen; der Kopf und die übri­gen Teile wer­den in der Regel ver­wen­det, um dem Curry Geschmack zu geben. Kha­shi (Ham­mel­fleisch genannt im indi­schen Eng­lisch, das Fleisch von ste­ri­li­sier­ten Zie­gen) ist das belieb­teste rote Fleisch. Andere cha­rak­te­ris­ti­sche Zuta­ten der tra­di­tio­nel­len ben­ga­li­schen Nah­rung schlie­ßen Reis, Moshur Dal (rote Lin­sen), Becher Dal (Mung Boh­nen), Shor­s­her tel Senföl, Senf­t­eig, posto (Mohn) und Nar­kel (rei­fen Kokos­nuss) ein. Ben­gal ist auch das Land der Aam (Man­gos), die aus­gie­big — reif, unreif, oder in Essig­gur­ken ver­wen­det werden.

 

Süßig­kei­ten haben bei den Ben­ga­len und in ihren Zere­mo­nien einen wich­ti­gen Platz. Es ist eine alte Sitte unter Hin­dus, bei Fes­ten Süßig­kei­ten zu ver­tei­len. Die Süß­wa­ren Ben­gals wer­den in der Regel aus gesüß­tem Hüt­ten­käse (Chhena), Khoa (redu­zier­ter ver­dich­te­ter Milch) oder Mehl aus Getrei­de­sor­ten und Hül­sen­früch­ten gemacht.

 

Awadhi

Der Luck­now Dastarkhwan wäre nicht voll­stän­dig, wenn er die fol­gen­den Spei­sen nicht hatte: Korma (Schmor­bra­ten in der dicken Soße), Salan (eine Speise von Fleisch oder Gemüse mit Soße), Keema (Hack­fleisch), Kababs (geklopf­tes Fleisch, das gebra­ten oder über ein Holz­koh­len­feuer gerös­tet ist), Bhu­jia (gekochte Gemü­se­pflan­zen), Dal, Pasanda (gebra­tene Teile von sehr zar­tem Fleisch, meist Lamm, in der Soße). Reis wird mit Fleisch in der Form von Pulao (gebra­te­ner Reis) zube­rei­tet. Luck­now ist für seine gro­ßen Sor­ten von Pulaos bekannt, Yakhni Pulao und Korma Pulao sind am belieb­tes­ten. Es gibt auch eine Viel­falt an Bro­ten: Rotis, Naans, Sheer­mals, Rumali Roti, Parant­has, Kul­chas und Taft­ans. Nach­spei­sen umfas­sen Gul­lati (Reis­pud­ding), Kheer (Milch, die gesüßt und mit gan­zem Reis gekocht ist), Sheer Brunj, (ein rei­ches, süßes in Milch gekoch­tes Reis­ge­richt), Muz­af­far (in But­ter­schmalz gebra­tene und mit Man­deln und Safran geschmückte Faden­nu­deln) und mit Malai (Sahne) gar­nier­tis­tes Hal­was um. Die Viel­falt an Spei­sen würde sich mit dem eige­nen Sta­tus erhöhen.

 

Das Geschirr besteht ent­we­der aus Sil­ber oder Kup­fer. Kababs wer­den in Mahi Tava (gro­ßer, run­der, seich­ter Pfanne) gekocht, mit Kaf­gir, einer fla­chen, lang­stie­li­gen Schöpf­kelle zum Dre­hen der Kababs und Parant­has. Bone China Tel­ler wur­den auch in Luck­now seit den Zei­ten der Nawabs ver­wen­det. Das Was­ser wurde nor­ma­ler­weise aus Kup­fer- oder Sil­ber­be­chern getrun­ken. Die Sitz­ord­nung beim Essen war immer auf dem Boden, wo schön gestickte Dastarkhwans auf Mat­ten oder Tep­pi­chen oder sogar Chand­nis (weiße Lei­nen) aus­ge­brei­tet wur­den. Manch­mal wurde diese Anord­nung auf einem nied­rig erho­be­nen Holz­tisch gemacht, der Takahts genannt wird.

 

Pun­jabi

Pan­jabi Leute sind robuste Leute und ihre Spei­sen sind ein­fach, umfang­reich und herz­haft ohne über­flüs­si­gen Schnick­schnack oder exo­ti­sche Bei­ga­ben. Die Pun­jabi Tan­doori-Zube­rei­tung gilt als eine der belieb­tes­ten Koch­künste in der gan­zen Welt. Rie­sige irdene Öfen wer­den im Boden halb ver­gra­ben und wer­den mit einem dar­un­ter ange­zün­de­ten Koh­len­feuer geheizt. Mari­nier­tes Fleisch, Huhn, Fisch, Paneer (Käse), Rotis und Naan-Brot vie­ler Arten wer­den in die­sen Ofen geba­cken, und die Ergeb­nisse sind abso­lut köstlich!

 

Mugh­lai

Nach einer so lan­gen Herr­schaft über Indien haben die Moghule einen tie­fen und andau­ern­den Ein­fluss auf die Küche Delhis hin­ter­las­sen. Mit ihren rei­chen Soßen, But­ter­ba­sier­tem Curry, schmack­haf­tem Ing­wer­bra­ten­fleisch und wahn­sin­ni­gen Süßig­kei­ten hat es die Fan­ta­sie der Fein­schme­cker über­all auf der Welt erobert. Von einem schar­fen Shorba oder Suppe zu mit Rosen­blät­tern bestreu­tem Kulfi bie­tet das Mugh­lai Essen eine rei­che Speise, die unwi­der­steh­lich ist. Zwar ist sie im gan­zen Land ver­füg­bar, aber der beste Platz, diese könig­li­che Koch­kunst zu pro­bie­ren, ist Delhi.

 

Raja­sthan

Der alte fürst­li­che Staat Raja­sthan bie­tet den Anlass zu einer könig­li­chen Küche. Die Rajas, die auf Jagd­aus­flüge gin­gen, aßen das Fleisch oder die Vögel, die sie zurück­brach­ten. Auch heute noch wer­den Fleisch­fein­hei­ten zube­rei­tet, die unver­gleich­bar sind. Im Gegen­satz dazu ste­hen die vege­ta­ri­schen Raja­stha­nis. Ihr im rei­nen Ghee gekoch­tes Essen ist berühmt für sein köst­li­ches Aroma. Die Küche­von Raja­sthan wurde sowohl von den Kriegs­le­bens­sti­len der Bewoh­ner als auch von der Ver­füg­bar­keit der Zuta­ten in der Wüs­ten­re­gion beein­flusst. Lebens­mit­tel, die für einige Tage halt­bar waren und kalt geges­sen wer­den konn­ten, wur­den mehr aus der Not bevor­zugt. Was­ser­knapp­heit und Man­gel an fri­schem Gemüse hat­ten auch ihre Wir­kung auf Raja­st­hans Küche.  Getrock­nete Lin­sen und Boh­nen aus ein­hei­mi­schen Pflan­zen wie

 

San­gri, Ker usw. sind Grund­nah­rungs­mit­tel der Küche der Raja­sthani, weil Wei­zen und Reis im Wüs­ten­land nicht so gut wach­sen. Bajra und Getreide wer­den über­all in der Stadt ver­wen­det, um Rotis und andere Sor­ten von Brot zu machen. In Raja­sthan sind Bajre Ki Roti (Hir­se­brot) und Lahsun Ki Chut­ney (hei­ßer Knob­laucht­eig) in Kom­bi­na­tion mit Früh­lings­zwie­beln die Haupt­nah­rungs­mit­tel der Ein­hei­mi­schen, da diese gegen die hei­ßen Winde schüt­zen. In den Regio­nen wie Jaisal­mer, Bar­mer und Bika­ner ver­wen­den Köche immer noch sehr wenig Was­ser und statt­des­sen benut­zen sie Milch, But­ter­milch und But­ter­schmalz als Alter­na­ti­ven. Das Gleich­ge­wicht für die Ver­wen­dung die­ser Milch­pro­dukte wird durch den ange­mes­se­nen Gebrauch von Diges­tiva, beson­ders Asant, schwar­zem Fel­sen­salz, Ing­wer und Ajwain gehalten.

 

Die bevor­zug­ten Gewürze sind Bocks­horn­klee­sa­men, Kasuri Methi (aus­ge­trock­nete Bocks­horn­klee­blät­ter) und Anis­sa­men. Ein beson­de­res Merk­mal der Mahe­shwari Küche ist der Ein­satz von Man­go­pul­ver, einem geeig­ne­ten Ersatz für Toma­ten, sel­ten in der Wüste, und Asant, um den Geschmack ohne Knob­lauch und Zwie­beln zu erhöhen.